Oediopa caerulescens oder Sphingonotus caerulans?

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Hallo alle

Als Ornithologin bin ich über die Stimmen zu den Heuschrecken gelangt und bringe mir diese seit einigen Sommern nach und nach in Eigenregie bei - nicht immer ganz einfach, und ich bin noch sehr im Anfängerstadium. Ich habe schon öfters hier mitgelesen, und mich nun für eine eigene Frage angemeldet.

In der Kiesgrube Rüteren zwischen Zweidlen und Weiach bin ich gestern auf einige eindeutige Blauflügelige Oedlandschrecken gestossen, und auf einige Schrecken, welche ich als blauflügelige Sandschrecken interpretiert habe. In der Hand hatte ich sie nicht. Auf den Fotos (dank ungewohnter neuer Kamera nicht ganz scharf) bin ich nun unsicher. Ich stelle hier Fotos von zwei verschiedenen Individuen ein.

(Edit: Ach herrje, im Nachhinein sehe ich aufgrund des Untergrundes, dass es sich um ein und dasselbe Tier handeln muss! Da habe ich beim Sortieren der Fotos geschlampt. Also: Es geht hier nur um ein Individuum. Ich lasse den ursprünglichen Text stehen, es zeigt auf, welche Fragen mich betreffend Einschnitt Halsschild, Mittelkiel, Abstufung im Hinterschenkel und weisser Ring unter dem Knie alle beschäftigen.)

Zur "normal sitzenden": Ich kam wegen des Halsschildes auf Sandschrecke. Eingeschnitten hinter dem Kopf, praktisch kein MIttelkeil. Aber: Ich finde BIlder von Oediopa mit ebenfalls recht starkem Einschnitt hinter dem Kopf. Die entscheidende Stelle am Hinterschenkel kann ich mangels Erfahrung nicht deuten, so ganz subjektiv finde ich, es ist wohl etwas abgestuft, aber keine "starke Abstufung".
Zu derjenigen, welche die Beine ausstreckt: Ein weisser Ring unterhalb der Knie - ist das ein klares Bestimmungskriterium für Oediopa? Ich finde diesen Ring bei Oediopa beschrieben, aber umgekehrt bei Sphingonotus nicht beschrieben, dass sie das NICHT habe. Auch diese Schrecke ist stark eingeschnitten hinter dem Kopf, wie es um den Mittelkiel steht sieht man nicht wegen Schatten. Wenn dies eine Oediopa ist, weiss ich dann immerhin, dass ich mich auf das "eingeschntiten" nicht verlassen kann. Dann hätte ich mich von dem Umstand in die Irre führen lassen, dass die eindeutigen Oediopa abgesehen von der Querfurche wirklich keine solche Vertiefung hatten hinter dem Kopf und zudem einen stark ausgeprägten Mittelkeil sowohl im vorderen als auch im hinteren Teil des Halsschildes hatten.
Wenn ihr mir hier mit den richtigen Tipps und Hinweisen auf die Sprünge helfen könntet, wäre das toll!

Liebe Grüsse, Ursula

Re: Oediopa caerulescens oder Sphingonotus caerulans?

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Hallo Ursula,

schön, dass sich wieder eine aus der Ornithologen-Rige den Heuschrecken verschreibt! Ihr habt ja den ungemeinen "akustischen" Vorteil, der mir persönlich bei den Hüpfern auch immer sehr viel weiterhilft. Allerdings nützt Dir das in dem konkreten Fall wenig, weil beide Arten kaum bis gar nicht stridulieren!
Also, Dein Tier zeigt eindeutig Oedipoda caerulescens. Begründung: das mit dem eingeschnürten Pronotum ist auf Fotos oft so eine Sache, da habe ich mich auch schon öfters geirrt, aber - folgendes ist auf Deinem Bild doch deutlich zu erkennen, habe ich - ich hoffe, Du verzeihst das "Scraffito" auf Deinem Eigentum:
* der Kiel, im hinteren Abschnittes des Pronotums doch deutlich zu erkennen
* die Kante am Femur habe ich Dir nachgezeichnet, ist auf Deiner Aufnahme sehr gut zu sehen (da kenne ich schlechter belichtete Bilder, wo diese Kante genau mit der dahinterliegenden Streifenzeichnung der Flügel zusammenfällt, und da sieht man so gut wie gar nichts)

ein weiteres Merkmal, welches Sphingonotus hat, sind die dunkel-hell geringelten Fühler, die hat Dein Tier nicht. Wohingegen auf den Ring unter dem Knie habe ich eigentlich noch nie geachtet, weil noch nichts darüber gelesen, aber das muss ja nichts heissen...

LG

Werner

Re: Oediopa caerulescens oder Sphingonotus caerulans?

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Hallo Ursula

Als 200-ste Benutzerin ein herzliches Willkommen hier im Heuschrecken-Forum!

Werner hat eigentlich schon alles gesagt. Aber da es sich bei der Blauflügligen Ödlanschrecke um eine sehr seltene Art im Kanton Zürich handelt, wollte ich dich nach dem genauen Standort fragen. Würdest du mir die genauen Funddaten bekannt geben? Wir arbeiten ja seit einiger Zeit an einem Inventar der Heuschrecken für den Kanton Zürich und sind darum um alle Meldungen sehr dankbar.

Herzliche Grüsse
Florin
Orthoptera-App! Die Heuschrecken-Bestimmungs-App für iOS und Android.
Sicher bestimmte Tiere bitte bei Observation.org melden - danke!

Re: Oediopa caerulescens oder Sphingonotus caerulans?

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Hallo

Also erst mal herzlichen Dank für das nette Willkommenheissen. Und natürlich für die Hilfe. Auch eine Blauflügelige Ödlandschrecke also - schade, ich hatte mich doch gefreut, beide Arten angetroffen zu haben...

Zu Werner: Wenn ich das Originalfoto (10 MB gross, hier im Forum habe ich eine kleinere Version eingestellt) anschaue, sehe ich nach wie vor nichts von einem Mittelkiel. Ein zufälliges schwarzes Flecklein, genau da, wo deine Pfeilspitze hinzeigt, täuscht in der verkleinerten Version etwas. Aufgrund des direkten Vergleichs mit den eindeutigen Oediopa vor Ort, welche einen deutlichen Mittelkiel hatten und nur eine deutliche Querfurche im davor und dahinter etwa gleich hohen und gekielten Halsschild, kam ich auf "das ist etwas anderes". Aber die klare Abstufung am Hinterbein kann ich dank deiner Einzeichnung jetzt gut nachvollziehen. Auf dem anderen Bein, dessen Oberkante von der Innenseite her ebenfalls sichtbar ist, sieht man sie leider nicht, sonst wäre es für mich auch eindeutiger gewesen.

Das mit dem weissen Ring unter dem Knie bei Oediopa caerulescens habe ich übrigens aus den Artbeschreibungen auf orthoptera.ch. Während das mit den geringelten Fühlern bei Sphingonotus caerulans auf allen Bildern sichtbar ist, aber in den Texten nicht vorkommt, weshalb ich mich nicht darauf geachtet hatte.

Florin, ich melde mich per Mail wegen des genauen Standortes.

Liebe Grüsse
Ursula

Re: Oediopa caerulescens oder Sphingonotus caerulans?

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Hallo Ursula

Auf dem Foto sieht man den Mittelkiel aufgrund der Perspektive fast nicht. Zudem verschwindet er in der Struktur des Halsschilds.

Es ist (leider) auch allgemein so, dass Mermale mal stärker, mal schwächer ausgeprägt sind, ganz besonders der Kiel auf dem Hinterschenkel. Der weiss Ringe unterhalb des Knies ist kein Abgrenzungsmerkmal, sondernd dient der allgemeinen Beschreibung. Bei Sphingonotus ist vor allem bei den Larven auch ein solcher Ring sichtbar, bei den ausgewachsenen Tieren jedoch häufig verwaschen und undeutlich. Das mit den geringelten Fühlern bei Sphingonotus ist jedoch ein sehr guter Hinweis, den ich gerne in die Beschreibung aufnehme.

Herzliche Grüsse
Florin
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